Affenattacke

03.05.2018

Es ist 8:15 als ich an meinem ersten vollen Tag in Asien aus meinem Bett rolle, das in einem Freiwilligenarbeiterhaus in Ubud, Bali steht. Ich teile mir das Zimmer mit zwei Mädchen aus Neuseeland und den USA, die mir am gestrigen Abend erklärt haben, wie die Freiwilligenarbeit hier abläuft. Hundemüde schleppe ich mich zum Frühstück, der Jetlag hat mich wohl doch erwischt. Es gibt frische Früchte und Pancakes, ich schlage zu, bevor es zum Einschulungsmeeting geht.

Es ist bereits um die Mittagszeit als ich und die fünf anderen Mädels, mit denen ich in dieser Woche das Freiwilligenprojekt beginnen werde, mit unserem Einschulungsmeeting fertig sind und nach Ubud fahren. Wir sehen uns den Tempel in der Mitte des Städtchens an, spazieren durch die Straßen und landen schließlich bei der, von weltberühmten Yoga Studios abgesehen, größten Attraktion Ubuds: der Monkey Sanctuary

Umgeben von Affen

Die Affen sollen wild sein und beißen und während ich schon begeistert auf meine Lieblingstiere zustürme höre ich im Hintergrund noch, dass wir all unsere Habseligkeiten fest an uns zu klammern sollen. Aber ich, als Affenliebhaberin, bin im Paradies: überall laufen die Tiere frei herum, und scheinen keine Scheu vor uns Besuchern zu haben. Ich knipse wild umher und will als anständige Touristin natürlich ein Foto mit den Affen. (Wäre ich ansonsten überhaupt wirklich da gewesen?)

Eine mexikanische Freundin, Fernanda, hat das ergattert, was die Äffchen anlocken soll: Bananen. Kaum holt sie eine Banane aus ihrem Rucksack heraus, sind drei Affen um sie herum versammelt. Man kann gar nicht so schnell schauen, da sitzt schon einer auf ihrer Schulter. Sie hält sie Banane hoch, lächelt dabei gekonnt in die Kamera und klick: neues Facebook Profilbild. Na, wenn das so einfach geht, muss ich das natürlich auch probieren.

Fernanda überreicht mir eine Banane und übernimmt die Kamera. "Warte, warte, warte", ruft sie mir zu, als sie noch an der Kamera herumfummelt und sich bereits einige Affen wild daran machen, mir die Banane aus der Hand zu reißen. Ich tat wie mir gesagt und wartete, die Banane immer noch in meiner Hand, die ich jetzt hoch in die Luft strecke. Nicht aber hoch genug für einen besonders großen Affen, der im Handumdrehen auf meiner Schulter sitzt und mir die Banane entreißen will. Aber ich brauche doch noch ein Foto! So schnell gebe ich nicht auf, und behalte die Banane in meiner Hand während Fernanda weiterhin "warte, warte, warte" schreit. Nun ja, das Warten wird von Sekunde zu Sekunde unangenehmer. Auch für den ungeduldigen Freund auf meiner Schulter, der nun endgültig genug zu haben scheint. Er springt mir buchstäblich ins Gesicht, ich sehe nichts mehr, höre nur ein gefährlich nahes fauchen und meine Freunde um mich herum, die alle laut aufschreien. Ich stoße den Affen von meinem Gesicht weg und schubse ihn mit aller Kraft auf den Boden.

Kräftemessen

Für die nächsten zehn Sekunden muss ich um mein Leben bangen. Wie sich herausstellt, ist der Affe im Vergleich zu den sonst winzigen Äffchen riesig, und so auch seine Zähne. Er faucht mich wiederholt an und klingt gar nicht erfreut, so brüsk von mir weggestoßen worden zu sein. In den nächsten Sekunden hält er mit mir Augenkontakt, und zeigt seine Zähne, die mich, ohne Zweifel, unglaublich verletzen konnten. Und er scheint definitiv in der Stimmung dazu, das auch zu tun. Wenn er jetzt auf mich zulaufen würde, wäre alles vorbei, denke ich.

Alles, was ich tun konnte, war warten, still stehen und hoffen, dass der Affe erbarmen hatte. Und: siehe da. Tatsächlich weicht er ein paar Zentimeter zurück, dreht sich um und läuft so schnell weg, wie er gekommen war. Geräuschvoll atmet die Gruppe um mich herum aus. 

Ich bekomme noch eine Lektion

Gerade noch einmal überlebt, aber was war jetzt aus meinem Beweisfoto? Wenn ich schon mein Leben dafür riskiert hatte, musste wenigstens ein Bild dabei herausschauen. Kopfschüttelnd, und um ihre lebensmüde Freundin besorgt, reicht mir Fernanda eine weitere Banane. Etwas paranoid gehen wir in einen anderen Bereich des Affenwaldes. Ich hole die Banane erst aus meiner Tasche, als wir um uns herum nur mehr kleine, harmlose Affen sehen. Sekunden später ist bereits ein süßes Äffchen auf meiner Schulter. Es muss etwa ein Viertel so groß wie der Teufelsaffe sein, und ich bin überglücklich. Begeistert grinse ich meinen kleinen Freund an, der mein Vertrauen in meine Lieblingstiere wieder herstellt. 

Friedlich nimmt auch er auf meiner Schulter Platz, ich habe dazugelernt und überlasse ihm die Banane sofort. Mein Affenherz geht wieder auf. Bis er sich in meinen Haaren verfängt und wegspringen will. Dass das gar keine gute Idee für mich und meine Haare ist, merke ich sofort und will sie ihm vorsichtig entziehen. Tja, das klappt nicht wie geplant, denn, wie ich an diesem Tag schon gelernt habe, lässt ein Affe nicht gerne von Dingen ab, von denen er denkt, er würde sie besitzen. Liebend gerne überlasse ich ihm Bananen, meine Haare hingegen, würde ich gerne selbst am Kopf behalten, beharre also darauf, sie ihm aus der Hand zu reißen. 

Obwohl mir dieser Affe nicht ins Gesicht springt, weiß er sich anders zu helfen. Er beißt mir in die Hand, springt von meiner Schulter und läuft davon. Zweite Affenattacke an meinem ersten Tag in Asien, wie würden die nächsten Monate wohl weitergehen?   

Wirklich weh tut, sein Biss nicht doch ich blute ein wenig und die Abdrücke der winzigen Zähne sind auf meinem Handrücken zu sehen. Schnell in der Klinik des Affenparks desinfizieren (sagt das nicht schon genug, wenn im Affenpark eine Klinik eingebaut ist?) und das war's. Trotzdem fühle ich mich von der Affenwelt verachtet. Darf ich sie immer noch als meine Lieblingstiere bezeichnen, wenn sie mich so offensichtlich verabscheuen? Und: würde ich ab jetzt täglich von verschiedenen Tieren attackiert werden? 

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