Als ich das Reisen fast aufgegeben hatte
Ich am Flughafen in Marseille und warte darauf aufgerufen zu werden, um ins Flugzeug steigen zu können. Selten habe ich mich so gefreut, durch die Sicherheitskontrollen des Flughafens zu gehen und meinen Koffer einzuchecken. Aber fast wäre es nicht so weit gekommen. Denn bei dieser Reise ist etwas gewaltig schiefgegangen und fast hätte ich gedacht, der Tag wäre gekommen, an dem mich das Schicksal letztendlich davon abhält, weiterzureisen.
Das Drama beginnt am Flughafen Marseille
Meinen letzten Tag in der Provence habe ich in Marseille verbracht, weil ich am nächsten Morgen bereits um 7 Uhr am Flughafen aufkreuzen musste, der von hier schneller zu erreichen war als von dem kleinen Ort, indem ich den letzten Monat gewohnt habe. Da meine "Gastmamon" gestern ihren Mann vom Flughafen abholen musste, hat sie mich praktischerweise gleich hingebracht, damit ich von dort den Bus nach Marseille nehmen konnte, wo ich den Tag verbringen wollte. Meinen Koffer schob ich hinter mir her. Er war so prall gefüllt, dass ich ihn kaum schließen konnte.
Am Flughafen entdecke ich einen Bus nach Marseille, der schon fast abfährt. Gerade noch kann ich meinen Koffer in den Bus hieven lassen, dann haste ich als letzte in den Bus hinein, um ins Stadtzentrum von Marseille zu fahren. Am Gare St. Charles angekommen, ein Bahnhof eine Woche zuvor zwei Frauen in meinem Alter von einem Attentäter erstochen wurden, sprang ich als einer der ersten aus dem Bus. Schließlich hatte ich aufgrund der vorgefallenen Ereignisse nicht wirklich das Bedürfnis mich unnötig lang an diesem Bahnhof aufzuhalten. Doch als ich meinen Koffer schnell packen und verschwinden will, muss ich feststellen, dass ebendieser nicht da ist.
Der Koffer ist weg
Fragend erkundige ich mich bei den Männern, deren Job es sein dürfte, die Koffer aus den Bussen zu holen. Wie jeder französische Beamte sprachen oder verstanden sie kein Wort Englisch. Es scheint in Frankreich eine Bedingung zu sein, um den Job als Beamter antreten zu können. Die Beamten wussten nicht, wie sie mir helfen können, versprechen aber bei ihren Kollegen am Flughafen nachzufragen, ob etwas gefunden wurde. Da ich aber die letzte war, die am Flughafen den Bus betreten hatte, und gesehen hatte, wie mein Koffer in den Kofferraum gehievt wurde, die Türen geschlossen wurden und der Bus sofort weggefahren ist, war ich mir sehr unsicher, ob mein Koffer am Flughafen auftauchen würde.
Soweit ich das sprachlich verstanden hatte, gab es aber auch eine weitere Möglichkeit. Es könnte sein das der "Koffer-Reinheber" des nebenstehenden Busses der zum Flughafen fährt, meinen Koffer irrtümlich eingeladen hatte, weil er dachte, der Koffer wäre für "seinen" Bus bestimmt. Dann wäre da noch die dritte Variante, von der ich von Minute zu Minute überzeugter wurde. Es hat sich einfach jemand meinen Koffer genommen und war damit weggelaufen. Es wäre eine viel zu einfache Möglichkeit Diebstahl zu begehen, um sie ungenutzt zu lassen.
Da saß ich nun, alleine und ohne all mein Hab und Gut und betete, dass die Kollegen am Flughafen auf wundersame Weise mein Leben, verpackt in einen riesigen blauen Koffer wiederfinden würden. Da ich ja ein Monat unterwegs war und aufgrund meiner Anreise mit Zug kein Gewichtslimit hatte, hatte ich wirklich ALLES eingepackt was ging. Inklusive Kamera und Laptop, die nun fröhlich Rundfahrten durch Marseille machten. Ich war wie betäubt, 30 Minuten in Schockstarre und begann schließlich auszurechnen, wie viel Wert die Waren hatten, die sich in dem Koffer befanden.
Mit der Sache bzw. mit meinem Leben hatte ich schon abgeschlossen, als ein Sicherheitsbeamter zum Handy griff, ein paar Worte, die ich nicht verstand, mit einem Kollegen austauschte, und mir einen Daumen hoch zeigte. Man hatte in dem Bus, der auf dem Weg zum Flughafen war, tatsächlich meinen Koffer gefunden. Möglichkeit zwei war eingetreten und ich kann nicht beschreiben, wie erleichtert ich war. Ich musste also die nächsten Jahre nicht damit verbringen, endlich wieder genügend Unterhosen, Socken, T-Shirts, Bikinis, Hosen und Notizbücher zu finden, um nur ansatzweise zu ersetzen, was ich verloren hätte. Marseille, nach der Erfahrung wirst du mir auf jeden Fall noch länger in Erinnerung bleiben.