Warum diese Touristenroute Sri Lankas überzeugt
Es ist der Geruch, an dem man sofort erkennt, dass man sich nicht mehr in der ursprünglichen Version eines Landes befindet. Was genau macht den Duft aus, der darauf hinweist, dass man in einer modifizierten Abwandlung, einem touristischen Ort gelandet ist? Vielleicht sind es die Räucherstäbchen, deren Duft vertrauter, weniger beißend ist? Vielleicht sind es die Kühe, die man hier eben nicht sieht und mit ihnen auch ihre Exkremente nicht riechen muss? Eventuell liegt es daran, dass auch Einheimische hier eher in ihren Wohnungen und Hinterhöfen leben als auf der Straße.
Man merkt, dass Ella der Beginn eines Touristen-Trails ist. Jeder westlich aussehende Mitfahrer, der mit dem Zug bis hierhin geruckelt ist, steigt aus. Plötzlich sehe ich auf dem Bahnsteig nur mehr Westler. Die Hauptstraße, oder die einzige große Straße des Ortes, besticht mit hippen Cafés und Restaurants in Baumhauslook. Avocado Toast hier, Smoothie bowl da. Wir wollen echte Abenteurer sein, dem Ganzen verächtlich den Rücken zukehren und die jungen Backpacker verurteilen, die hier das scheinbar exotische Sri Lanka zu finden glauben. Aber die fish and chips im Restaurant mit Sitzsäcken bestechen uns.
Nach dem zweiten Mojito müssen wir zugeben, dass es eigentlich wirklich entspannt ist hier. Auf einmal ist alles so leicht. Leicht, etwas hygienisches Essbares und das nächste Fußbändchen zu finden. Die Räucherstäbchen kauft man hier nicht am Markt, sondern in einem hippen Laden mit Fake-Holz an den Wänden. Für den Surfervibe fehlen nur das Meer und die Surfer.
Aber Ella liegt in den Bergen. Das ist es, was das Städtchen für mich von andern austauschbaren Touristen-Hochburgen unterscheidet. Was man hier, nur wenige Schritte von der Hauptstraße entfernt, entdecken kann ist wirklich außergewöhnlich. Der "Little Adams Peak" ist in nur zwanzig Minuten erklommen, die Aussicht schöner als nach so mancher Tageswanderung. Die Natur, die Bahnschienen, an denen man entlangwandern kann, und die besten Kartoffelwedges, die ich je gegessen habe machen Ella für mich zu einem Ort, an dem ich ewig bleiben könnte. Heute habe ich mich noch in Ella verliebt, aber wäre das auch in ein paar Jahren der Fall gewesen? Tourismus kann kleine asiatische Oasen schnell verändern...
Eine desillusionierende Safari
Auf dem Weg in den Süden der Insel liegt der Yala Nationalpark. Um 4:00 brechen wir von Ella auf, um eine Sonnenaufgangs-Safari zu machen. Wir sind nicht die Einzigen. Der uns zugeteilte Fahrer wirkt eher desinteressiert und kommt zu jeden Hotspot zu spät. Die Tiere, die wir sehen, sehen wir nur, weil schon drei Jeeps um sie herumstehen. Ein Elefantenbaby und seine Familie retten den Morgen. Dabei waren wir so gut gestartet! Gleich wenige Meter nach dem Eingangstor erspähen wir ein riesiges Krokodil, das sich zur Abwechslung sogar bewegt. Die Bäume, die wir wenig später sehen schaukeln nicht im Wind, sondern weil unzählige Affen wild auf ihnen rumturnen.
Im rasenden Tempo geht es für uns nach zwei Stunden raus aus dem Park, der Fahrer ist seine Zeit abgefahren. Nichts gesehen, Pech gehabt. Generell fällt uns hier im Süden der Insel auf, wie gleichgültig manch Dienstleister ist. Oft geben wir Bestellungen auf, ohne dass der Kellner eine Miene verzieht oder ein einziges Wort sagt. Nach ein paar Tagen beschließen wir, immer dann schon Essen zu gehen, wenn wir noch keinen Hunger haben. Denn es dauert. Und ständig will man uns stinkreiche Westler übers Ohr hauen. "They see your white skin, they see money, money, money", sagt ein offener Einheimischer zu einer Irin, die ich im Hostel kennenlerne. Aber sehen sie auch unsere Rucksäcke auf dem Rücken, die dreckigen Sneakers und ungewaschenen Haare? Alter, Kleidung und Aussehen gelten hier scheinbar nicht als Indikatoren für Reichtum, der schnellstmöglich ausgeschöpft werden muss, nur die Hautfarbe zählt.
Übers Ohr gehauen
Ich fühle mich verarscht. Hier im Süden oft mehrmals täglich. Der Fahrtpreis ändert sich auf einmal, wenn wir ins Taxi steigen. In der Unterkunft mit dem online angepriesenen "warmen Wasser" tropfen nur wenige eiskalte Tröpfchen den Duschkopf. Ist man hier nicht ständig aufmerksam, ist man sein Geld in diesem sonst billigen Land schnell los.
Ein braver Tourist in Sri Lanka muss surfen und so fahren wir nach Hiriketiya. Auf dem, für einen bekannten Strandort wirklich sehr kleinen Strand findet man alles, was das Surferherz begehrt. Tische im Sand, die zu überteuerten und schlechten Strandrestaurants gehören, Sonnenanbeter, die ihre Mojitos sippen und, das einzig Wichtige: Wellen. Als ich bei Sonnenuntergang wellenreite breche ich ab, um meine Kamera zu holen. Zu schön ist das Ambiente, zu anmutig wirken die Surfer - das muss festgehalten werden.
In der zweiten Reihe, hinter den mittelmäßigen Strandlokalen, essen wir den wohl besten Brunch unseres Lebens und entdecken, dass das Hiriketiya der zweiten Reihe das wahre Highlight hier ist.
Schuldig müssen wir uns eingestehen, dass Passionsfrucht-Mojitos inzwischen unser Lieblingsgetränk und zum Abendritual geworden sind. Sri Lankas Süden besticht mit unfairen Mitteln und ja, wir haben uns wohler gefühlt als wir uns als Abenteurer trauen, zuzugeben.