In der Bim durch Währing

15.12.2018

Wenn man nach Währing kommt, fällt einem sofort das Geräusch der Autos auf, deren Reifen in die Straßenbahnschienen geraten. Die Straßenbahnlinien 40 und 41, durchqueren fast den gesamten 18. Wiener Gemeindebezirk. Nicht, dass die wohlhabenden Ärzte und Anwälte, die hier mit Kind und Kegel (nein, natürlich gut gehaltener Gattin) residieren, die Straßenbahn oft von innen sehen. Aber für die Währinger Schüler stellen die Straßenbahnen, auf wienerisch kurz "Bim", im Retro-Look einen wichtigen Ankerpunkt dar. Hier treffen sie sich morgens mit verschlafenen Augen, um in die Schule zu fahren. Nachmittags fahren wild durch gemischte Jugendgruppen samt angestrengtem Smalltalk wieder zusammen ein paar Stationen heimwärts. Und am Wochenende trifft man sowieso jeden in der Nacht-Straßenbahn.

Wir stehen an der Endstation Pötzleinsdorf - hier geht die Großstadt Wien in eine ländliche Gegend mit Heurigen und Weinbergen über. Den gigantischen Wiener Wald kann man von hier fußläufig erreichen. Steigen wir ein und fahren Richtung Schottentor, der Endhaltestelle der anderen Richtung, die als Eingang zur Innenstadt gilt. Beim Einsteigen begrüßen wir den Fahrer weder, noch sehen ihn an. Grantigkeit hat in Wien Tradition, so auch im 18. Bezirk.

Der 41er fährt gemächlich an und wir ziehen vorbei an Einfamilienhäusern und - nach drei Minuten - einem Billa. Der einzige Supermarkt in der Nähe. Vom Straßenbahnfenster können wir auch eine Bäckerei und eine Apotheke sehen. Mit jeder Station merken wir, dass wir dem Stadtzentrum näher kommen.

Hier trifft sich das Viertel

Drei Stationen, nachdem wir in Pötzleinsdorf eingestiegen sind, stehen wir am Türkenschanzplatz. Er ist Eintrittstor zum Türkenschanzpark, einem belieben Treffpunkt für Schüler und Studenten. Der Park ist groß, gepflegt und beheimatet unter anderem einen Ententeich. Zwischen April und September ist es fast unmöglich, den Park zu betreten, ohne einer bekannten Seele über den Weg zu laufen.

Währings kulinarisches Mekka

Die nächste Station ist Gersthof. Hier treffen wir zum ersten Mal auf die andere Straßenbahnlinie in Währing, den 40er. Auch auf andere Verkehrsmittel kann man hier erstmals umsteigen, denn hier fährt die S-Bahn 45. Der Verkehrsknotenpunkt schlechthin in Währing. In Gersthof wurde schon die ein oder andere Nacht gerettet. Denn hier verkauft Adam fast rund um die Uhr unter dem außergewöhnlichen Namen "Adams Döner" - nicht Spagetti, sondern Döner. Auch einen Bäcker, Supermarkt, Fleischer, Obsthändler, Asia-Imbiss und Drogeriemarkt gibt es hier. Sowie alle Personen, denen man eigentlich aus dem Weg gehen wollte.

Das Herz des jungen 18. Bezirks

Fahren wir zur nächsten Station, Weinhaus. Abgesehen von der namensgebenden Weihnhauserkirche gibt es hier, abgesehen von Wohnhäusern, nichts Erwähnenswertes zu sehen. Nach weiteren zwei Minuten Fahrt zur nächsten Station kommen wir am Aumannplatz an. Das Herz des jungen Währings. Drei Gymnasien und zwei Grundschulen sind von dieser Station aus fußläufig erreichbar. Geht man im 18. Bezirk zur Schule, fährt man morgens zum Aumannplatz. Hier wimmelt es nur so von Asia-Imbissen. Und wieder - ein Bäcker, einige noble Restaurants und Low-Budget Pizzerien.

Wir fahren mitten auf der Währingerstraße weiter. Die Einkaufsstraße beherbergt alles, was die obere Mittelschicht benötigt. Überteuerte Independent-Stores mit konservativer Mode, Schmuck und Uhrengeschäfte und jede Menge Banken. Langsam schlängelt sich die Straßenbahn durch die enge Shoppingstraße. Diesmal haben wir Glück: kein Auto steht zu weit in die Spur der Straßenbahn, und wir können ausnahmsweise ohne Verzögerung weiterfahren. 

Wo Währing in die Großstadt übergeht

Wir kommen beim Kutschkermarkt an, dem Marktplatz des Bezirkes. Hier werden Frische Früchte, Fisch und Fleisch eingekauft und verspeist. In der warmen Jahreszeit herrscht hier Hochbetrieb, wenn sich Mütter auf ein Mittagessen im Freien treffen. Die Preise sind dem 18. Bezirk angepasst und entsprechend astronomisch.

Steigen wir wieder in die Straßenbahn, fahren wir nur noch eine kurze Station zur Volksoper, wo der 18. Bezirk endet. Hier stoßen wir auf den Gürtel, die große Hauptstraße, die die Außenbezirke Wiens von den Innenbezirken trennt. Die mehrspurige Schnellstraße wirkt tatsächlich wie eine Grenze zum anliegenden 9. Bezirk. Sofort merkt man, dass wir uns jetzt mitten in der Großstadt befinden. Aber in nur zehn Minuten wären wir wieder zurück in den endlosen Weinberglandschaften von Pötzleinsdorf.

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