Hat man uns zurecht vor Marokko gewarnt?

02.11.2020

Ist es in Marokko sicher genug für einen Urlaub? Wie reist es sich als Frau? Kann ich mich mit meinem Rucksack nach Marokko trauen?

Um Reisen in Marokko herrscht eine gewisse Mystik, vor allem was das Entdecken als Frau angeht. Immer wieder werde ich vor meiner Reise gewarnt. Ich solle aufpassen und mit einem männlichen Begleiter reisen. Keine Haut zeigen, immer ein Kopftuch dabei haben und keine Wertgegenstände. Nicht nachts rausgehen, nicht auffallen, nicht provozieren, nicht weiblich sein und vor allem nicht hübsch.

Ja, man hat mich gewarnt. Aber das mit dem nicht nachts rausgehen klappt schon in meiner ersten Nacht nicht. Mein Flieger kommt spät in Marrakesch an, ich bin alleine und irre verwirrt durch die Gassen. Das Hostel, dass ich für die erste Nacht gebucht habe, ist schwer zu finden und ich habe vergessen offline Karten runterzuladen. So bin ich auf die Hilfsbereitschaft der Marokkaner angewiesen und frage immer wieder nach dem Weg. Und - siehe da, mir wird immer freundlich geholfen. Ich fühle mich von keinem der Menschen bedrängt die ich, offensichtlich verwirrt, alleine, weiß und weiblich, um Hilfe bitte. Als ich die letzten Meter bis zum Hostel zurücklege bin ich erleichtert - beleuchten können sie, die Marokkaner!

Am nächsten Tag geht es mit meinem Freund Henri, der in Marokko übergangsmäßig Bodyguard spielt, rein ins Gewirr namens Marrakesch. Ich habe ein Kleid an. Ist es kurz? Ja vielleicht, halt ein Sommerkleid, dass es besonders kurz ist, wäre mir gar nicht aufgefallen. Ja, ich werde zwar angeschaut aber nicht so sehr, wie ich es befürchtet hatte. Vielleicht, weil Henri immer neben mir geht und ich so als vergeben abgestempelt werde.

Nächster Test: der Busbahnhof von Marrakesch. Obwohl wir die einzigen Touristen sind, noch dazu deutlich mit einem übergroßen Rucksack gekennzeichnet, hält sie die Überraschung in Grenzen, uns hier zu sehen. Als wir aber an unserem nächsten Halt, Agadir, im Süden des Landes aussteigen, werden wir mit erstaunten Blicken begrüßt. Gut, hier fallen wir definitiv auf.

In Taghazout, einem Surferort im Süden des Landes ziehe ich an was ich will und niemanden stört es, niemand starrt. Vielleicht schaut man mich hin und wieder einen Tick zu lange an, aber das bin ich mittlerweile in außereuropäischen Ländern gewöhnt.

Alle Sorgen unbegründet?

Wir sind seit einer Woche in Marokko unterwegs und positiv überrascht davon, wie uns die Menschen begegneten. Hatten wir ein voreingenommenes Bild von Marokkanern? Es wirkt so, als wären wir voreilig gewarnt worden sein. Ist doch alles nicht so schlimm hier, oder?

Erst in Fez wird es unangenehm. Ich werde angestarrt, der große blonde Henri neben mir ebenso. Menschen, die uns entgegenkommen kommentieren mein Aussehen und meinen Körper und sehen mich entsprechend an. Mein Bodyguard ist entsetzt. Ich muss realisieren, dass ich so ein Verhalten mir gegenüber schon öfters auf Reisen erlebt habe und es mich hier nicht überrascht. Wir werden in Fez schnell müde davon, Aliens zu sein.

Die Stimmung kippt


Am Weg durch die Straßen von Fez werden wir von kleinen, fußballspielenden Jungs verarscht und immer wieder kommen und Jugendliche entgegen, die ein besonders lustiges Spiel für sich entdeckt haben. "The road is closed", rufen sie uns entgegen. Sie meinen genau die Straße in die wir gerade gehen wollen und aus der sie kommen. Dass die Straße nicht geschlossen ist, ist klar, denn von wo sollen sie sonst kommen? Außerdem sind wir besagte Straße an dem Tag bereits drei Mal gegangen. Natürlich ist die Straße nicht "closed", der Spaß aber noch nicht vorbei. Während unserer zwei Tage in Fez werden wir noch etwa zehnmal von verschiedenen Jugendgruppen darüber informiert, dass irgendwelche Straßen "geschlossen" sind, aus der sie gerade kommen. Den Spaß an der Geschichte kann ich nicht ganz entdecken. Nur eins: das es echt nervt! 

Am nächsten Tag wollen wir den Bus nach Chefchaoen nehmen und steigen dabei, wie bisher immer, bei der örtlichen Fernbusstation ein. Diesmal werden wir angestarrt. Ich will an der Busstation alleine aufs Klo gehen und überlege mir lange, ob ich mich von meinem Bodyguard entfernen kann. Nach zwei Stunden, der Bus macht gerade eine Pause bei einer Raststätte, stehe ich kurz auf, um mir meine Füße im Busgang zu vertreten. Die beiden Frauen aus der Reihe vor uns bekommen ihren Mund gar nicht mehr zu, als sie mich neben ihnen stehen sehen. Minutenlang starren die beiden mich an, als hätte ich neun-grüne Haare. Ein sehr unangenehmes Gefühl.

Würde ich eine Reise nach Marokko empfehlen?

Obwohl ich ein großer Fan von "female solo travel" bin, dem Alleinreisen von Frauen, glaube ich nicht, dass ich mich als Frau in Marokko ohne männliche Begleitung wohlgefühlt hätte. Ich habe mich bemüht, einen guten Mittelweg zu finden zwischen Verschleierung und Hotpants und habe mich zwar gekleidet wie "ich selbst" - das aber immer in der Hoffnung, ein wenig untertauchen zu können. Manchmal hat das mehr, manchmal weniger funktioniert. Also nein, ich würde es keiner Frau empfehlen, nur mit dem Rucksack als Begleitung nach Marokko zu reisen.

Zum Reisen generell habe ich das Land nie als unsicher empfunden. Hat man also eine Begleitung dabei, vorzugsweise männlich, ist Marokko meines Erachtens ein durchaus sicheres Reiseland.

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